Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui, geschrieben von Bertold Brecht und 1941 während seiner Emigration entstanden, handelt von dem Gangster Ui, der sich ohne Rücksicht auf jegliche Verluste die Macht der Stadt Cicero unter den Nagel reißt. Im übertragenen Sinne steht Ui für Hitler und dessen Aufstieg zur Macht bis ins Jahr 1938. Uraufgeführt wurde das Stück am zehnten November 1958 in Stuttgart.
Unter anderem führte ,,Das Bielefelder Ensemble“ das Stück am vierten Februar 2020 mit einer Spielzeit von ca. 2h 50min inklusive einer Pause auf. Die Inszenierung wurde von Tim Tonndorf kreiert, die Bühne gestaltete Anna Bergmann und für die Kostüme war Josephin Thomas zuständig. Die Hauptrolle des Ui wurde von Carmen Priego verkörpert.
Inhaltlich handelt das Stück von der Wandlung des Arturo Ui, der als einfacher Sohn der Bronx aufwächst und sich im Laufe des Stücks zu einem skrupellosen Gangster entwickelt, dessen Ziel es ist, die Macht Ciceros und Chicagos an sich zu reißen. Auf diesem Weg nimmt er Erpressung, Gewalt und sogar Mord in Kauf. Ziel ist es, dass jeder Mensch Uis Ideologie vertreten soll und diejenigen, die dies nicht tun, mundtot gemacht werden. Am Ende steht das Volk unter Ui und seinen Anhängern. Somit konnte sein Aufstieg nicht verhindert werden. Niemand protestiert mehr gegen ihn, wäre es ja auch mit dem Tod zu bezahlen.
Die Handlung und auch die Konstellation der Figuren übernahm das Bielefelder Theater. Jedoch gibt es einige Details, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. Die wohl größte Änderung zum Original ist, dass Arturo Ui nicht von einem Mann, sondern von einer Frau gespielt wird. Obwohl Arturo im Stück nach der allgemeinen Vorstellung vermutlich immer noch sehr maskulin aussieht und die Gestiken der einer männlichen Rolle ähneln, werden diese von einer weibliche Schauspielerin verkörpert.
Vielleicht sollte bewusst gemacht werden, dass nicht nur Männer skrupellose Gangster sein können, sondern auch Frauen in der Lage sind, die Herrschaft zu ergreifen. Zudem wurde die Rolle des Roma ebenfalls von einer Frau verkörpert, welche sehr deutlich als diese zu erkennen war. Sie trug lockige rosafarbene Haare.
Die Verwandlung des Ui von einem anfangs eher ungebremsten Charakter bis hin zu einer sehr autoritären und ernstzunehmenden Person wurde sehr gut deutlich gemacht. Außerdem wird durch den Schauspielunterricht seinen Begleitpersonen und Ankleideleuten klar, wie abhängig Ui von Anderen ist, da er für jeden Schritt Hilfe benötigt, um überhaupt erst einmal die Macht zu erlangen. Das gezielte Ausschalten des Docksborough und Sheed, die bekannte Persönlichkeiten für die Stadt sind und denen die Menschen vertrauen, ist ein weiteres Erkennungszeichen des Gangsters. Eine Änderung zum Original ist, dass sich Dogsborough vor lauter Verzweiflung selbst umbringt und nicht wie im Original an Altersschwäche stirbt.
In einer weiteren Szene wird Ui für seinen Wandel umgezogen. Dabei wird er von seinen Ankleideleuten bis auf die Unterhose entblößt. Diese Szene zeigt Ui angreifbar, er wehrt sich nicht, sondern lässt sich einfach so ausziehen. Er ist nicht nur ein Bösewicht, sondern hat vielleicht auch eine verletzbare Seite, die nur im Hintergrund zum Vorschein kommt.
Ein weiteres Detail der Aufführung war, dass immer wieder versucht wird, eine Zigarette zu entzünden, dies allerdings nie gelingt. Erst am Ende, als sich alle Menschen Ui angeschlossen haben und in seinen Bann gezogen sind, gelingt es Ui und seinen Leuten, die Zigarette zu entzünden. Vermeintlich ist dieses Detail ein Zeichen des Sieges und Erfolges. Der Sieg über die Stadt wird regelrecht genossen.
Das Bühnenbild war neben der ausdrucksstarken Schauspielerei ebenfalls beeindruckend. Es war sehr minimalistisch gestaltet. Metallgestelle in Form von Häusern dienten als Gerüst für die Vorhänge. Diese konnten je nach Szene einfach abgezogen werden und ein neuer Vorhang rückte ins Blickfeld. Der Zuschauer konzentrierte sich somit mehr auf das Gespielte, anstatt auf spektakuläre Kulissen. Zudem wurde auch das Publikum als Bühne genutzt, denn Schauspieler kamen ebenfalls aus dem Zuschauerraum auf die Bühne.
Die Kostüme entsprachen der zeitlichen Epoche des Stücks und wurden durch die Schauspieler passend verkörpert. Gewisse moderne Requisiten, wie ein Schlüssel in Form eines Hauses als Zeichen für den Besitz des Landhauses des Docksboroughs rundeten das Stück ab und verliehen ihm eine moderne Note.
Alles in allem harmonierten Bühne, Kostüm und Schauspieler miteinander und boten dem Zuschauer eine spektakuläre Aufführung. Der Wandel Uis, der sich körperlich, sprachlich und charakterlich äußerte, wurde dem Zuschauer deutlich übermittelt. Sein skrupelloser und böser Charakter wirkten, so wie man sich vermutlich einen Gangster vorstellt, einschüchternd und aufbrausend. Der Untergang der Stadt, die schlussendlich völlig mundtot ist und in Abhängigkeit Uis steht, wird dem Zuschauer nahe gebracht und die Unzufriedenheit des Volkes wird spürbar.
,,Das Ensemble Bielefeld“ kreierte mit dieser Vorstellung inklusive passender Ergänzungen eine tolle Show, die mit Spannung zu verfolgen war.